Mythos Bolognese
Hier verraten wir dir, warum Spaghetti Bolognese nicht italienisch ist, Sauce Bolognese „Ragù“ heißt, welche Zutaten drin sind – und was ein italienischer Seidenhändler damit zu tun hat
WAS DU IN DIESEM KÜCHENGEHEIMNIS ERFÄHRST:
Ursprung und Herkunft der Bolognese
Unterschied zwischen Spaghetti und Tagliatelle al ragù bolognese
Wundere dich nicht, wenn du in Italien bist, in einer Trattoria Spaghetti Bolognese bestellst und dafür vom „cameriere“ (Kellner) nur ein Augenrollen oder Kopfschütteln erntest: Das wohl bekannteste italienische Nudelgericht mit der Tomaten-Fleischsauce gibt es überall auf der Welt – nur nicht in Italien. Dafür gibt es eine einfache Erklärung. In diesem Küchengeheimnis verraten wir dir, was es mit dem Klassiker Bolognese auf sich hat.
Nicht Sauce Bolognese, sondern ragù alla bolognese
In Italien heißt die Sauce nicht Sauce Bolognese, sondern ragù alla bolognese. Das ist abgeleitet vom französischen Wort „ragoût“ und bezeichnet geschmorte Fleisch-, Fisch- oder Gemüsegerichte in einer pikanten Sauce.
Bolognese steht für den Ursprung des Gerichtes in Bologna. In der Hauptstadt der Region Emilia-Romagna wurde während der Renaissance aus ragoût ragù. Aus dieser Zeit stammen auch die ersten Ragù-Rezepte – auch das älteste überlieferte Rezept für Nudeln mit ragù kommt aus Imola bei Bologna. Hier liegt der Ursprung des ragù alla bolognese. Und hier in der Handelskammer lagert auch das Originalrezept.
Rezept Nummer 87: „Maccheroni alla bolognese“
Der heutige Name tauchte zum ersten Mal im Jahr 1891 auf. Damals veröffentlichte der florentinische Seidenhändler und leidenschaftliche Feinschmecker Pellegrino Artusi ein Kochbuch unter dem Namen „La scienza in cucina e l’arte di mangiar bene“ (Von der Wissenschaft des Kochens und der Kunst des Genießens). In diesem Werk befindet sich – neben fast 800 Rezepten aus vielen italienischen Regionen – auch ein Rezept für ragù nach heutigen Kriterien: Rezept Nummer 87 heißt „Maccheroni alla bolognese“. Damals gehörte, neben Rindfleisch, noch Dörrfleisch („carne secca“) zu den Zutaten. Außerdem empfahl Artusi getrocknete Pilze, Trüffel und Gänseleber zur Verfeinerung.
Das Originalrezept für ragù alla bolognese
Heute gibt es in ganz Italien unzählige Varianten für ragù alla bolognese. Jede Familie hat ihre eigene Rezeptur – und die von Mamma ist natürlich immer die beste. Dagegen hatte die Accademia Italiana della Cucina vermutlich auch gar nichts. Allerdings war die Akademie für italienische Kochkunst von Varianten mit Ketchup, Nüssen oder Zucchini nicht besonders angetan. Deshalb hat sie im Oktober 1982 in der Handelskammer von Bologna ein Originalrezept für ragù alla bolognese eingereicht. Darin sind die Zutaten und die Zubereitung genau festgelegt: grobes Rinderhackfleisch, Pancetta (Bauchspeck vom Schwein), Karotten, Stangensellerie, Zwiebeln, Tomaten, trockener Weißwein, Vollmilch, Gemüsebrühe, Olivenöl oder Butter, Salz und Pfeffer (optional ein Schuss Sahne). Charakteristisch für die Zubereitung sind das lange Köcheln und die Vielfalt der Techniken für die Herstellung: Es wird angeschwitzt, angebraten, gedünstet und geschmort.
Und warum nicht Spaghetti Bolognese?
Hier findest du ein traditionelles Rezept für Tagliatelle mit ragù alla bolognese. Dass es dieses ragù in Italien nicht in Kombination mit Spaghetti gibt, hat einen einfachen Grund: Die Sauce nach Bologneser Art haftet nicht besonders gut an den glatten und dünnen Spaghetti. Ergebnis: Du drehst die Pasta auf die Gabel, und die Sauce bleibt auf dem Teller. Deshalb gibt es in Italien zu einem ragù alla bolognese kurze oder breite Nudeln – wie Tagliatelle. Außerdem wird ein ragù auch mit Bechamelsauce für Lasagne genommen – oder einfach in dünne Pfannkuchen gerollt.